Dienstag, 6. Mai 2014

Ausweichmanöver mit dem Rasenmäher

Eine Insel mit Gänseblümchen. Wie traurig wäre es doch, diese schönen Blumen abzumähen!
Heute habe ich zum ersten Mal in diesem Jahr den Rasen gemäht. Entschuldigung, liebe Nachbarn, aber vorher ging es nicht! Hätte ich etwa all die wunderschönen Löwenzahnblüten abmähen sollen? Nein, zu einer solchen Grausamkeit bin ich nicht fähig. Deshalb lasse ich den Rasen lieber wachsen, bis der Löwenzahn verblüht ist und der Wind die Pusteblumen davongetragen hat. Länger dürfte ich allerdings auch nicht warten, denn sonst bräuchte ich einen speziellen Wiesenmäher, um durch das hohe Gras zu kommen. An einigen Stellen streikte der Rasenmäher jetzt schon, und der Motor ging aus, sodass ich ihn neu starten musste.
Auch wenn der Großteil des Löwenzahns verblüht ist, gibt es noch einige schöne, gelbe Tupfer. Außerdem haben wir einige kleine Inseln mit Gänseblümchen im Rasen, und in der Nähe unserer großen, alten Kastanie wachsen Kastanienbäumchen in Bonsai-Größe aus dem grünen Gras empor. Auch sie erfordern elegante Ausweichmanöver. Wer mich beim Rasenmäher beobachtet, wird vielleicht vermuten, dass ich mir zuvor Mut angetrunken habe und deshalb solche Schlenker mache. Dabei trinke ich doch gar keinen Alkohol!

Auch wenn der Rasen dadurch vielleicht etwas struppig aussieht: Der blühende Löwenzahn darf stehen bleiben!

Ich weiß zwar, dass ich nicht alle Kastanien im Rasen lassen kann, denn sonst wohnen wir bald in einem Kastanienwald, aber ich will die kleinen Bäumchen im Herbst, sobald sie ihre zarten Blätter abgeworfen haben, vorsichtig ausgraben und teils topfen teils sofort an eine andere Stelle auf unserem Hof umpflanzen.
Man mag mich für bescheuert halten, aber auch Pflanzen sind Lebewesen. Nur weil sie anders aussehen als Säugetiere, zu denen bekanntlich auch wir Menschen zählen, und sich langsamer bewegen, sind sie nicht minderwertiger. "Pflanzen sind in der Tat langsame Lebewesen und funktionieren vollkommen anders als Tiere. Doch gerade diese Andersartigkeit macht sie so faszinierend", schreibt der Potsdamer Biologie-Professor Ewald Weber in seinem kleinen Buch der botanischen Wunder, das unbedingt lesenswert ist und hier bei Gelegenheit noch ausführlich vorgestellt wird. "Dabei", so Weber weiter, kommt den Pflanzen eine Schlüsselrolle zu. Ohne Pflanzen könnte kein einziges Tier leben, auch wir Menschen nicht."
Deshalb, finde ich, sollten wir Pflanzen mit mit ein bisschen mehr Ehrfurcht und Respekt behandeln – und das nicht nur beim Rasenmähen!

Eine kleine Kastanie wächst aus dem grünen Gras empor – nein, über die könnte ich nicht mit dem Rasenmäher fahren.

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