Mittwoch, 19. November 2014

Lupine – Eiweißquelle der Zukunft?

Schon die alten Griechen und Römer kannten und
schätzten die Lupine als Eiweißquelle. Inzwischen
hat sie auch die Lebensmittelindustrie entdeckt.
Fleischproduktion bedeutet unermessliches Tierleid und ist obendrein auch noch der Klimakiller Nummer eins. Leider gibt es immer noch viele Egoisten, die sich nicht im Geringsten darum scheren und so tun, als hätten sie ein Grundrecht auf Schnitzel, Salami, Bratwurst und Döner. Doch es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der Fleischkonsum reglementiert wird – entweder über den Preis oder durch eine gesetzliche Regelung. Ohne eine solche Beschränkung wird es nicht möglich sein, die  wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Denn die Erzeugung tierischer Proteine benötigt etwa die fünffache Fläche wie der Anbau von Pflanzenproteinen.
Damit die Umstellung von tierischen auf pflanzliche Lebensmittel gelingt, arbeiten Forscher schon seit Jahrzehnten an Verfahren, die es ermöglichen, pflanzliche Produkte herzustellen, die sich hinsichtlich des Geschmacks und der Textur nicht oder kaum von tierischen Produkten unterscheiden.     Waren zunächst Sojabohnen der Favorit, die allerdings importiert werden müssen und zunehmend genmanipuliert sind, konzentriert sich die Forschung jetzt auf die weiß blühende Blaue Süßlupine, die hierzulande gerne als Stickstoff bindende  Gründüngung angebaut wird.
Schon die alten Griechen und Römer kannten und schätzten die Lupine als Eiweißlieferant. Friedrich der Große ordnete Ende des 18. Jahrhunderts den versuchsweisen Anbau der Lupine als Feldfrucht an, und während des ersten Weltkrieges wurde der Anbau der Lupine politisch propagiert. Um der Lupine zum Durchbruch zu verhelfen, lud im Oktober 1918 in Hamburg die "Vereinigung für Angewandte Botanik" zu einem "Lupinen-Festessen" ein. In einem Bericht aus jener Zeit heißt es dazu: "Auf einem Tischtuch aus Lupinenfaser (aus der reifen Pflanze) wurden serviert: Lupinensuppe, Lupinenbeefsteak in Lupinenöl gebraten und mit Lupinenextrakt gewürzt, als Nachtisch Lupinenbutter und Lupinenkäse mit einem Lupinenschnaps und zum Schluß einem Lupinenkaffee. Zum Händewaschen lagen Lupinenseife und Handtücher aus Lupinenfaser bereit. Auch Schreibpapier aus Lupinenfaser und Umschläge mit Lupinenklebstoff wurden angeboten." Im Volksbrockhaus von 1941 wurde die Lupine noch als wichtiger Proteinlieferant in Deutschland aufgeführt. Danach verlor sie aufgrund der guten Verfügbarkeit tierischer Eiweißquellen immer mehr an Bedeutung, bis sie Ende der 1980er Jahre wiederentdeckt wurde. Damals begannen Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft ein Verfahren zu entwickeln, mit dem der trotz des Namens nicht süß schmeckenden Süßlupine der bittere Beigeschmack genommen werden konnte. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler bereits in die Praxis umgesetzt: Seit 2011 produzieren sie das bei uns Veganern beliebte Lupinen-Eis, von dem inzwischen jährlich bis zu 400.000 Becher verkauft werden. Für ihr Verfahren, mit dem es gelingt, die Proteine in den Lupinensamen von den bitteren Aromen zu trennen, wurden Dr. Stephanie Mittermaier, Dr.-Ing. Peter Eisner und Dipl.-Ing. Karin Petersen heute mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet. Der von Bundespräsident Joachim Gauck überreichte Preis ist mit 250.000 Euro dotiert. Dank der öffentlichkeitswirksamen Preisverleihung werden sich die Preisträger über ein steigendes Interesse der Lebensmittelindustrie an ihren Lupine-Produkten freuen können, und grundsätzlich ist es ja auch eine gute Sache, wenn Fleischersatzprodukte auf den Markt kommen, die geschmacklich besser als die auf Sojabohnenbasis sind und deren Rohstoffe auch hier bei uns in Deutschland angebaut werden können. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, die darauf verweisen, dass die Trennung der Proteine von den Aromen ein industrieller Fertigungsprozess ist, der unser Bestreben (und das vieler anderer Veganer) konterkariert: Wir wollen doch keine Industrieprodukte durch andere ersetzen. Lediglich für den bislang noch Fleisch essenden Teil der Bevölkerung können solche industriell gefertigten Ersatzprodukte eine Alternative sein. Nicht verschwiegen werden sollte, dass viele Menschen ebenso wie auf Sojabohnen auch auf Lupinensamen allergisch reagieren. Und schließlich ist zu bedenken, dass der Anbau der Lupine in großflächigen Monokulturen zwar besser als der Maisanbau (für die Biogasgewinnung), aber dennoch nicht unproblematisch ist. Erfahrungen mit sich rasant ausbreitenden Lupinen haben die Isländer machen müssen. Als Maßnahme gegen die Bodenerosion waren im 20. Jahrhundert Lupinen aus Alaska eingeführt worden, die zur Bildung einer geschlossenen Pflanzendecke beitragen sollten. Inzwischen wächst die Lupine auf der Insel im Nordatlantik wie Unkraut. Das erfreut zwar zur Blütezeit die Touristen, aber isländische Naturschützer befürchten, dass die Lupine einheimische Pflanzenarten verdrängt. Vielleicht sollten wir uns nicht zu sehr auf die Lupine konzentrieren, sondern parallel dazu auch auf andere pflanzliche Eiweißquellen setzen. Unser persönlicher Favorit ist schon lange der Hafer.

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