Dienstag, 25. August 2015

Explodierende Samenkapseln

Eine sanfte Berührung reicht, um die dickbauchigen Samenkapseln des Kleinen Springkrauts explodieren zu lassen.
In der Pflanzenwelt gibt es eine Vielzahl faszinierender Mechanismen, mit deren Hilfe Pflanzen ihre Samenstände verbreiten. Der Löwenzahn zum Beispiel schickt seine Samen mit Tausenden von Mini-Fallschirmen auf die Reise (Pusteblume), und bei vielen Pflanzen, darunter Efeu, Maiglöckchen und Pfaffenhütchen, werden die Samen in Form von Kernen durch Vögel verbreitet, die sie verzehren und wieder ausscheiden. Im wissensschaftlichen Sprachgebrauch heißt dieser Mechanismus Endochorie oder, auf deutsch, Verdauungsausbreitung. Einen weiteren Mechanismus können wir zurzeit wieder auf unserem Hof beobachten. Das zartgelb blühende Kleine Springkraut (Impatiens parviflora) hat dickbauchige Kapselfrüchte gebildet, die durch den Zellsaft so stark unter Druck stehen, dass sie bei der kleinsten Berührung an ihren "eingebauten Sollbruchstellen" explosionsartig aufreißen. Dabei werden die Samen in hohem Bogen in die Umgebung geschleudert (Saftdruckstreuer). Sie können mehr als drei Meter weit fliegen. Die Pflanze scheint es gar nicht abwarten zu können, mit ihren Samen nur so um sich zu schleudern. Daher ist der botanische Gattungsname Impatiens ("ungeduldig“).
Die Technik, derer sich die Springkräuter bei der Fortpflanzung bedienen, funktioniert offenbar so gut, dass sich die einjährigen Pflanzen so stark ausbreiten, bis sie zur Plage im Garten werden. Immerhin hat das Kleine Springkraut nicht die unschöne Angewohnheit, andere Pflanzen gnadenlos zu verdrängen, ganz im Gegensatz zu seinem aus Indien eingewanderten Verwandten, dem rosa bis purpurfarben blühendem Drüsigen Springkraut (Impatiens glandulifera), das vielerorts schon ganz offiziell als Eindringling bekämpft wird. Auch das Kleine Springkraut hat einen Migrationshintergrund. Es stammt ursprünglich aus Zentralasien. Seine Verbreitung begann um 1835 durch verwilderte Pflanzen aus botanischen Gärten.
Wenn es blüht, ist das Kleine Springkraut durchaus hübsch, wenngleich die Blüten ziemlich klein sind. Allerdings nervt es, wenn man im Winter die vielen dicken, zum Teil fast einen Meter hohen Stängel der dann kahlen, abgestorbenen, einjährigen Pflanzen ausreißen muss.

3 Kommentare:

  1. Ein total spannendes Thema! Wir suchen noch immer nach der wiss. Erklärung bezüglich giftiger Samen wie des Pfaffenhütchens - warum Vögel sich nicht daran vergiften ... ob es - wie ich glaube, nur an der schnelleren Darmpassage liegt? Denn beim Pfaffenhütchen soll nicht nur der Samenkern giftig sein...

    http://meingartenimfliesstal.blogspot.de/2013/10/in-gutem-ruf-stehend.html

    Spannend auch die Verbreitung von Samen durch Ameisen

    http://mein-waldgarten.blogspot.de/2011/05/lepidopterology-begegnung-der-etwas.html

    http://mein-waldgarten.blogspot.de/search?q=elaiosom

    Und jetzt werde ich demnächst mal nach dem Springkraut Ausschau halten. Meine Kinder fanden es immer so lustig, wenn die Samenschoten explodieren. :-)

    Liebe Grüße
    Sara

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    1. Es ist wirklich ein Phänomen, dass auch sehr stark giftige Pflanzen eine ganz unterschiedliche Wirkung auf verschiedene Tierarten haben. Verantwortlich gemacht werden dafür auch verschiedene enzymatische Abbauprozesse, die in unterschiedlichem Maß erst die Giftstoffe verfügbar und damit wirksam machen. Bei den wirklich sehr giftigen Eiben reichen schon geringe Mengen der Nadeln, um ein Kaninchen oder auch ein Pferd tot umfallen zu lassen, Vögel fressen dagegen gern die roten Früchte und ihnen passiert nichts. Auch die Samen der Eibe sind giftig, aber sie passieren den Verdauungstrakt des Vogels letztendlich unbeschadet, das rote Fruchtfleisch drumherum ist ohnehin nicht giftig.
      Auch das auf Pferdewiesen vorkommende Jakobs Greiskraut ist für Pferde besonders in getrocknetem Zustand, wenn es nicht mehr bitter schmeckt, ein bis zum Tod führendes Lebergift, Ziegen können ebenfalls daran sterben, sie sind aber auch in der Lage (das hat man wissenschaftlich herausgefunden), dieses Lebergift wieder abzubauen, hier kommt es also auf die Dosis und den "Einnahmezeitraum" an.
      Wir wundern uns immer wieder, wie die Tiere durchaus auch die Heilwirkung bestimmter "giftiger" Pflanzen zu nutzen wissen: Ziege Paulinchen frisst in größeren Abständen immer wieder Rainfarn und entwurmt sich so auf ihre eigene Art, ebenso machen es die Pferde, sie fressen daran (wenn überhaupt) nur in sehr großen zeitlichen Abständen und auch dann nur in geringen Mengen. Sie werden wissen, warum.
      Liebe Grüße
      Inka

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  2. Guten Morgen!
    Was die roten Früchte des Pfaffenhütchens oder Spindelstrauches betrifft, habe ich verschiedentlich gelesen, alle Teile wären sehr giftig, u.a. hier

    http://www.tiermedizinportal.de/giftpflanzen/pfaffenhutchen-euonymus-europaeus/100810

    Deshalb suchte ich noch nach einer Antwort, wie es sein kann, daß die Vögel diese unbeschadet zu sich nehmen können.
    Interessant auch, was das Jakobskreuzkraut betrifft. Die Tiere handeln wohl oft noch instinktiv, eine Eigenschaft, die vielen Menschen verlorengegangen scheint.

    Liebe Grüße
    Sara

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