Donnerstag, 29. Dezember 2011

Nicht schön, aber mit Charakter

Wenn ich mit den Hunden in den Wald gehe, komme ich an einer alten, knorrigen Eiche vorbei, die inmitten einer der trocken gelegten Moorwiesen steht. Der vom Wind zerzauste Baum ist wahrlich keine Schönheit, aber er hat Charakter, und deshalb mag ich ihn. Ich freue mich jedesmal, wenn ich ihn sehe, dass er noch steht und nicht schon zu Brennholz verarbeitet worden ist. Die Bauern haben ja selten eine sentimentale Beziehung zu Bäumen, für sie steht der praktische Nutzen im Vordergrund. Der Bauer, dem diese Wiese gehört, muss beim Düngen und beim Mähen um den Baum herumfahren. An der einen Seite, an der die Äste tief herunterhängen, ist das gar nicht möglich. So gesehen steht die Eiche im Weg und stört. Schön, dass der Bauer sie trotzdem stehen lässt.
Fast immer, wenn ich an der Eiche vorbeikomme und eine Kamera dabei habe, mache ich ein Foto, stets vom selben Standpunkt aus. Hier sind vier Fotos, die die Eiche im Wechsel der Jahreszeiten zeigen:

Frühling 
Sommer
Herbst
Winter

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Brot im Überfluss

Auf meinem kleinen Schreibsekretär im Wohnzimmer liegt die Post der vergangenen Tage – drei Weihnachtsgrußkarten und ein Brief von der Tierseuchenkasse, der Rest ist Werbung. Obenauf liegt ein Bettelbrief von einer Hilfsorganisation. Mein Blick fällt auf die Überschrift: "Hunger-Tragödie in Ostafrika". Mit nur einem Euro am Tag, lese ich, könnte ich die Lebenssituation eines Hunger leidenden Kindes nachhaltig verbessern. Hm, denke ich und schaue auf unserem Kachelofen, wo wir gerade jede Menge Brot trocknen, das wir am zweiten Weihnachtstag von unserem Besuch bei den Schwiegereltern mitgebracht haben. Die Nachbarn der Schwiegereltern holen abends das nicht verkaufte Brot aus einer Bäckereifiliale kostenlos für ihre Pferde ab. Doch es ist so viel, dass sie gar nicht alles an die Pferde verfüttern können. Die Tiere können sich ja nicht nur von trockenem Brot ernähren. Außerdem ist das meiste Brot noch so frisch, dass es einfach zu schade wäre, es zu verfüttern. Also essen die Nachbarn das Brot zum Teil selbst, zum Teil geben sie es meinen Schwiegereltern. Für die Pferde bleibt immer noch mehr als genug übrig.

Die Autorin trocknet Brot auf dem Kachelofen und macht sich so ihre Gedanken.
Die Schwiegereltern nehmen das Brot dankbar an, obwohl sie es selbst nicht aufbekommen. Die Reste heben sie für unsere Pferde auf. Und so liegen jetzt auf unserem Kachelofen Croissants, Laugenstangen, Vollkornbrötchen, Weizenbrötchen, mit Käse überbackene Brötchen, ein in Scheiben geschnittenes Baguette und ein in Scheiben geschnittenes Mischbrot im Gesamtwert von etwa zwölf Euro, und in einer großen Plastiktüte im Flur liegt noch einmal so viel. Ein Mischbrot war sogar noch so frisch, dass ich mir jetzt morgens davon ein paar Scheiben toaste.
Was für ein Kontrast: Auf dem Schreibtisch der Bettelbrief mit den Mitleid erregenden Bildern halb verhungerter Kinder und auf dem Kachelofen und in der Tüte im Flur so viel Brot, dass zwei Kinder locker einen ganzen Monat davon leben könnten. Armut in Afrika – Überfluss in Europa.
Weihnachten und damit die gefühlsduselige Zeit ist zwar vorbei, aber trotzdem macht mich dieser Gegensatz traurig. Ich könnte jetzt natürlich schnell ein paar Euro an die im Absender des Bettelbriefs genannte Hilfsorganisation überweisen, aber ich halte das nicht unbedingt für die beste Lösung. In akuten Notsituationen, zum Beispiel nach Naturkatastrophen, sind Geldspenden sicher eine gute Sache, aber dauerhaft am Spendentropf der Europäer zu hängen, kann doch für die Afrikaner keine Lösung sein. Das ist doch irgendwie entwürdigend, und es schafft Abhängigkeiten.
Anstatt mit einer kleinen Geldspende unser schlechtes Gewissen zu beruhigen und dann so weiter zu leben wie bisher, sollten wir einfach mal über unser oft maßloses Konsumverhalten nachdenken und versuchen, ein wenig bescheidener zu werden. Wenn ich lese, dass rund 30 Prozent der Lebensmittel, die in den Handel kommen, nicht verkauft, sondern weggeschmissen werden, und das diese Marge bereits bei der Preisgestaltung mit berücksichtigt ist, dann gibt mir das schon zu denken.
Wenn Sie sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen, gehen Sie ins Kino und schauen sich Taste the Waste an – ein preisgekrönter Film über die globale Lebensmittelverschwendung. In dem Film erfahren wir zum Beispiel, dass deutsche Haushalte jährlich Lebensmittel für 20 Milliarden Euro wegwerfen – so viel wie der Jahresumsatz von Aldi in Deutschland beträgt. Das Essen, das in Europa im Müll landet, würde zwei Mal reichen, um alle Hungernden der Welt zu ernähren. Und die Halbierung des Lebensmittelmülls würde ebenso viele Klimagase vermeiden wie die Stilllegung jedes zweiten Autos weltweit. Hier ist der Trailer zum Film: (klick).
Taste the Waste ist übrigens nicht nur ein Film, sondern eine Bewegung, die sich an alle wendet, die gegen die Verschwendung von Essbarem sind. Die Initiatoren wollen informieren und zeigen, was jeder Einzelne tun kann, und das ist gar nicht so wenig.

Dienstag, 27. Dezember 2011

Schnell gezaubert: Apfel-Zimt-Muffins

Die Autorin hat Apfel-Zimt-Muffins gebacken.
Wenn es bei der beliebten Was-würdest-du-auf-eine-einsame-Insel-mitnehmen-Frage um ein Gewürz ginge, dann würde ich im Sommerhalbjahr "Basilikum" antworten und jetzt, im Winterhalbjahr, "Zimt". Auf Fleisch, Alkohol, Tabak und noch einiges anderes zu verzichten, fällt mir leicht, aber ohne diese beiden Gewürze würde mir wirklich etwas fehlen. So, wie für mich der Sommer nach Basilikum schmeckt, ist der Geschmack des Winters für mich untrennbar mit Zimt verbunden. Zimt schmeckt irgendwie nach Weihnachten.
In meiner Kindheit gab es früher als Nachtisch oft eingekochte Birnenhälften. In jedem Weckglas schwamm eine braune Zimtstange, was mich besonders faszinierte. Am liebsten habe ich Zimt aber in Verbindung mit Äpfeln, Pflaumen und Rosinen. Morgens zum Frühstück getoastetes Vollkornbrot mit selbstgemachter Pflaumen-Zimt-Marmelade ist einfach nur lecker. Und Apfelkuchen oder Apfeltaschen ohne Zimt? Undenkbar!
Zurzeit läuft bei mir die Produktion von Apfel-Zimt-Muffins auf Hochtouren. Die sind schnell zubereitet, supersaftig und nicht nur prima für die kleine Kaffeepause zwischendurch, sondern auch als Proviant zum Mitnehmen auf längeren Spaziergängen und Wandertouren geeignet.
Hier ist mein Rezept dafür:
Apfel-Zimt-Muffins
Zutaten
  • 250 g Äpfel
  • 2 Esslöffel Rosinen
  • 1 Esslöffel Zitronensaft
  • 200 g Mehl
  • 175 g Zucker
  • 1 Teelöffel Backpulver
  • 1/2 Teelöffel Natron
  • 2 Teelöffel Zimt
  • 1/4 Teelöffel Salz
  • 2 Eier
  • 150 g geschmolzene Butter
  • 7 Esslöffel Milch
  • außerdem: 12 Muffin-Förmchen aus Papier
Zubereitung
Die Äpfel schälen, entkernen und in kleine Würfel (Größe etwa wie Karottenwürfel) schneiden. Zitronensaft über die Äpfel geben, damit sie nicht braun werden. Die Rosinen in etwas heißem Wasser einweichen und abtropfen lassen (wer mag, kann die Rosinen statt in Wasser auch in Rum einweichen). Dann sämtliche Zutaten (außer den Äpfeln und Rosinen) in eine Rührschüssel geben und mit dem Mixer (Knethaken) zu einem geschmeidigen Teig verrühren. Zum Schluss die Äpfel und die Rosinen dazugeben und auf kleinster Stufe verrühren (wir wollen ja kein Apfelmus haben). Den Backofen auf 175 Grad (ich stelle meinen Gasofen auf Stufe 3) vorheizen. Derweil den Teig gleichmäßig auf zwölf Muffin-Förmchen verteilen. Ich habe eine spezielle Muffin-Backform, in die ich die Papierförmchen hineinstelle. Die Papierförmchen sind nicht unbedingt notwendig, aber sie ersparen einem das Fetten der Backform. Eine gute Alternative sind Muffin-Backförmchen aus Silikon. Nach etwa 25 Minuten auf mittlerer Schiene im Ofen sollten die Muffins goldbraun sein. Mit einem Holzspieß in die Muffins hineinstechen überprüfen, ob der Teig noch klebt. Wenn nichts am Stab kleben bleibt, sind die Muffins fertig. Im Ofen abkühlen lassen und erst dann aus der Backform nehmen.
Fertig – jetzt müssen die Muffins nur noch abkühlen.
Noch ein Hinweis: Weihnachtsgebäck mit Zimt ist ja ziemlich in Verruf geraten, weil in industriell hergestellten Backwaren anstelle des Ceylon-Zimts der billige und geschmacklich intensivere Cassia-Zimt verwendet wird. Cassia-Zimt ist kein echter Zimt, sondern ein Lorbeergewächs. Problematisch ist der hohe Anteil des gesundheitsschädlichen und in großen Mengen sogar krebserregenden Cumarins. Während der Cumarin-Anteil von Cassia-Zimt bei rund 2 g Cumarin pro kg liegt, enthält die gleiche Menge Ceylon-Zimt nur etwa 0,02 g Cumarin. Wer gerne Zimt mag, sollte deshalb die Fertigprodukte meiden und lieber selbst backen und dafür Ceylon-Zimt-Pulver verwenden.
Bis morgen!

Mittwoch, 21. Dezember 2011

In der Weihnachtsbäckerei

Typisch schwedisch sind Pfefferkuchen in Form von Pferden und Schweinen.
Heute bin ich endlich dazu gekommen, Pepparkakor zu backen. Pepparkakor sind Pfefferkuchen auf schwedische Art. Die Schweden lieben Sirup. Sogar Weizenbrot enthält in Schweden reichlich Sirup. Aber nicht, wie hierzulande, um das Supermarktbrot aus der Brotfabrik optisch auf Vollkornbrot zu trimmen, sondern des süßen Geschmacks wegen. Da es ihnen nicht auf die dunkle Farbe ankommt, verwenden die Schweden hellen Sirup. Für die Pepparkakor muss es hingegen dunkler Sirup sein, schließlich sollen sie schön braun aussehen.
Die Verwendung von Sirup hat jedoch auch einen Nachteil: Der Teig klebt wie Kleister. Die Arbeitsfläche sollte daher gut mit Mehl bestäubt werden.
Hier das Rezept:
Die Autorin backt schwedische Pfefferkuchen.
Zutaten
  • 200 g Butter
  • 300 g Zucker
  • 600 g Weizenmehl
  • 8 Esslöffel Zuckerrübensirup
  • 100 ml Wasser
  • 1 Teelöffel gemahlenen Zimt
  • 1 Teelöffel gemahlene Nelken
  • 1 Teelöffel gemahlenen Kardamom
  • 2 Teelöffel Natron
Zubereitung
Die (in der Mikrowelle oder auf dem Herd) geschmolzene Butter mit dem Zucker und dem Sirup geschmeidig rühren. Nach und nach das Wasser zugeben. Die Gewürze, das Natron und das Weizenmehl unterrühren. Der Teig sollte so fest sein, dass er sich nach Zufügen des Mehls nicht mehr rühren lässt. Den fertigen Teig zugedeckt über Nacht ruhen lassen.
Am nächsten Tag auf der bemehlten Arbeitsfläche dünn ausrollen und mit Plätzchenformem ausstechen. Ich nehme original schwedische Förmchen und steche damit Pferde, Schweine, ein Mädchen und einen Jungen sowie ein Herz aus. Die ausgestochenen Teiglinge lege ich auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech (ich nehme ein Lochblech, das auch die Bäcker benutzen) und backe sie bei 225 Grad etwa fünf Minuten im Ofen.
Die Teigmenge reicht, um mit den Pepparkakor zwei tellergroße, runde Blechdosen zu füllen. Wer nicht den gesamten Teig auf einmal verarbeiten will, friert die eine Hälfte einfach ein.
Vorsicht: Pepparkakor können süchtig machen! Bloß nicht die ganze Dose auf einmal leerfuttern!

Dienstag, 20. Dezember 2011

Back to the Roots

Möhren und Pastinaken
In der Winterzeit geht es bei uns back to the Roots, zurück zu den Wurzeln. Unser liebstes Wurzelgemüse ist die Pastinake. Geschmacklich liegt sie zwischen Möhre und Sellerie. Früher war sie eines der beliebtesten Wintergemüse, wurde aber dann von der Kartoffel verdrängt, was ich nach wie vor nicht begreifen kann. Pastinaken haben erheblich mehr Eigengeschmack als die Kartoffel. Die Konsistenz ist, zumindest im gekochten Zustand, ähnlich. Im rohen Zustand sind die Pastinaken dagegen eher hart, vergleichbar mit Sellerie oder Kohlrabi. Da liegt die Vermutung nahe, dass sie viel länger benötigen als Kartoffeln, um gar zu werden. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.

Der mit Käse überbackene Auflauf
Heute Abend habe ich uns einen Wurzelgemüse-Auflauf mit Pastinaken und Möhren zubereitet. Ich brauchte dafür drei mittelgroße Pastinaken (rund 800 g) und ein knappes Kilo Möhren.
Zunächst wird das Gemüse geschält. Die Pastinaken schneide ich, um die unterschiedliche Kochzeit auszugleichen, in doppelt so dicke Scheiben wie die Möhren. Dann koche ich das Ganze etwa 15 Minuten in einem etwa drei bis fünf Zentimeter hoch mit Wasser gefülltem Topf. Derweil rühre ich zwei Becher Creme Fraiche mit etwas Milch glatt. Die Mischung wird mit reichlich Pfeffer aus der Mühle, einem halben Teelöffel Salz und etwas Muskat gewürzt. Sobald das Gemüse gar ist, fülle ich es in eine Auflaufform, gebe die Sauce und etwas Petersilie darüber und decke das Ganze mit fünf Scheiben Butterkäse ab. Jetzt wird der Auflauf bei Oberhitze für etwa zehn Minuten im Ofen überbacken. Zu dem Auflauf serviere ich knuspriges Ciabatta-Brot. Guten Appetit!
Tipp: Damit es nicht langweilig wird, kann der Wurzelgemüse-Auflauf zur Abwechslung auch mit Steckrüben und Petersilienwurzeln zubereitet werden.

Montag, 19. Dezember 2011

In dieser Apotheke gibt's alles rezeptfrei

Kaffeepause in historischem Ambiente.
Es gibt doch kaum etwas Schöneres, als an einem kalten Wintertag in einem gemütlichen, warmen Café zu sitzen und sich die klammen Finger an einer großen Tasse Milchkaffee zu wärmen. Bei der Auswahl der Cafés bin ich allerdings wählerisch, bevorzuge solche, in denen man nicht nur etwas zu essen und zu trinken, sondern auch etwas zu sehen bekommt.
Eine Neuentdeckung, die ich am gestrigen vierten Adventssonntag gemacht habe, ist das Museumscafé des Bomann-Museums in Celle, das erst vor ein paar Monaten in den Räumen der früheren Löwen-Apotheke eröffnet worden ist.
Medizinflaschen in den Regalen.
Es war schon ein tolles Gefühl, inmitten der Orginal-Einrichtung der alten Apotheke zu sitzen und die Etiketten der unzähligen braunen Medizinflaschen und die Titel der in Leder gebundenen Nachschlagewerte des Apothekers in den Regalen zu lesen.
Als Herrschaftliche Apotheke war die spätere Löwen-Apotheke vor mehr als 400 Jahren, Ende des 16. Jahrhunderts, an der Stechbahn in Sichtweite des Schlosses, gegründet worden.
Blick in die Stechbahn.
Durch die Zusammenlegung von vier ursprünglich einzelnen Häusern entstand 1805 die Apotheke in ihrer heutigen Form. 100 Jahre später, 1906, erhielt sie schließlich die Gestalt, die sie bis in die Gegenwart prägt: die markanten Bogenfenster sowie Türen, Zargen und Fensterglas im Jugendstil. Architekt war Alfred Sasse, der zur gleichen Zeit das Bomann-Museum errichtete, eines der ältesten, größten und bedeutendsten Museen in Niedersachsen.

Das Museumscafé von außen, im Hintergrund das Schloss.
Spezialität des Hauses ist die Buchweizentorte, die typische Torte der Lüneburger Heide. Doch uns stand der Sinn nicht so sehr nach Torte. Viel verlockender war für uns der Winterapfelkuchen mit dunklem Boden und einer Marzipan-Sternschnuppe als Verzierung. Zum Kaffee und sogar zur heißen Schokolade gab es ein Glas Wasser gratis dazu. Eine nette Geste, fanden wir. Der Kaffee und der Kuchen waren so lecker, dass Suchtgefahr besteht und sie deshalb eigentlich verschreibungspflichtig sein müssten. Aber in dieser Apotheke gibt es alles ohne Rezept. Über eine Stunde saßen wir in dem schönen Café und genossen die historisch authentische Atmosphäre.
Saisonale Leckerei: Winterapfelkuchen mit Marzipan-Sternschnuppe

Sonntag, 4. Dezember 2011

Mondscheingärtnerin

Mondscheinbauern nannte man früher bei uns in der Gegend die Bauern, die tagsüber zum Arbeiten in die Stadt fuhren und sich nach Feierabend – oft war es dann schon dunkel, aber der Mond schien helle – auf ihren Traktor schwangen, um ihren Acker zu pflügen. Heute heißen solche Bauern Neben- erwerbslandwirte. Das klingt nicht halb so romantisch wie Mondscheinbauern, ist aber der im Amtsdeutsch gebräuchliche Begriff. Egal, ich fühlte mich heute jedenfalls wie eine Mondscheinbäuerin oder vielmehr wie eine Mondscheingärtnerin. Und das kam so: Wir waren mit den Hunden spazieren, und als wir wiederkamen, machte ich uns erst einmal eine große Kanne Tee – Wintertee, eine Mischung aus Rooibos, Zimt, süßen Brombeerblättern, Gewürznelken, Kakaobohnen, Hibiskus und Orangenschalen. Im Küchenofen loderte das Feuer. Wir tranken Tee, blätterten in dem Stapel von Prospektbeilagen, der das ziemlich dünne Sonntagsblatt dick wie die FAZ macht und schüttelten die Köpfe über die so genannten Geschenkideen, die darin angepriesen wurden. Die Palette reichte von kitschig bis geschmacklos. Muss Weihnachten so verhunzt werden?
Das die Prospektbeilagen umhüllende Sonntagsblatt meldete, dass ein Mann in einem Dorf im nordwestlichen Landkreis Gifhorn einen acht Meter hohen, "freundlich winkenden" Weihnachtsmann auf seinem Grundstück aufgestellt habe. Was werden wohl die Nachbarn dazu sagen? Wir wären wohl leicht geschockt, wenn uns eines Tages ein haushoher in Rot und Weiß gekleideter Riese vom Nachbargrundstück zuwinken würde. Wahrscheinlich braucht man für so ein Monstrum im Garten sogar schon eine Baugenehmigung.

Dunkel war's, der Mond schien helle... – Die Autorin pflanzt einen Moringer Rosenapfel.
Garantiert keine Baugenehmigung braucht man für das, was wir nach der Sonntagsblatt-Lektüre im Garten aufstellen wollte: ein Apfelbäumchen. Ich schlüpfte in die Stiefel, holte den Schlüssel vom Gartenschuppen und stellte erschreckt fest: Oje, es wird ja schon wieder dunkel! Jetzt aber schnell! Das Bäumchen musste unbedingt in die Erde, hatte es doch schon mehrere Tage im Wassereimer gestanden. Es handelt sich übrigens um einen Moringer Rosenapfel, eine seltene, alte Sorte aus dem Raum Göttingen. Der Moringer Rosenapfel ist mittelgroß bis groß, flachrund und leicht gerippt. Die Schale ist gelbgrün, später hellgelb, die Sonnenseite hellrot verwaschen und gestreift. Das Fruchtfleisch ist weiß, saftig und schmeckt süßsäuerlich mit rosenapfelartiger Würze. Seine Reifezeit hat der Moringer Rosenapfel bereits Mitte September. Er ist, wie die meisten frühen Sorten, nicht gut lagerfähig, sondern sollte möglichst bald frisch verzehrt oder zu Apfelmus, Apfelkuchen und anderen frühherbstlichen Leckereien verarbeitet werden.
Nachdem ich mit dem Spaten das Pflanzloch ausgehoben hatte, bohrte ich mit dem Erdbohrer ein Loch für den Anbindestab. Als dieser im Boden versenkt und das Bäumchen endlich Erde an den Wurzeln hatte, war es schon so gut wie dunkel. Im fahlen Licht des Mondes nähte ich mit Bindedraht das Drahtgeflecht zusammen, das das kleine Bäumchen vor den Schafen schützen soll. Um die verstreut um den Apfelbaum herum liegenden Gerätschaften wieder einzusammeln, brauchte die Mondscheingärtnerin dann aber doch noch den Lichtschein einer Taschenlampe.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Lieber drei Skudden als ein lärmender Motormäher

Skudden sind selten. Nach wie vor  stehen sie auf der Roten Liste der bedrohten Nutztierrassen. 
Wer kauft sich im Winter einen neuen Rasenmäher? Wir! Antizyklisches Kaufverhalten nennt man das wohl in der Fachsprache der Marketing-Leute. Und da aller guten Dinge bekanntlich drei sind, haben wir den Rasenmäher gleich im Dreierpack erworben. Da gab es wohl einen ordentlichen Rabatt, werden Sie vermuten. Nein, gab es nicht. Aber drei Rasenmäher sind besser als einer, fanden wir. Einer allein wäre doch auf Dauer ganz schön einsam und traurig, vor allem, wenn er den ganzen Winter über nutzlos drinnen herumsteht, weil es draußen nichts für ihn zu tun gibt, solange das Gras nicht wachsen will.
Ja, unsere Rasenmäher sind sensible Wesen. Und Luxusmodelle obendrein, denn sie haben Allradantrieb. Oder zumindest so etwas ähnliches. Es handelt sich nämlich um vierbeinige Rasenmäher, auch unter dem Sammelbegriff Schafe bekannt.
Wir haben zwar auch zwei Ziegen und vier Ponys, aber die sind allesamt als Rasenmäher nicht zu gebrauchen. Die Pferde halten zwar das Gras halbwegs kurz, aber leider hinterlassen sie den Rasen so struppig, als hätte man ihn mit stumpfen Messern gemäht. Die Ziegen ihrerseits verschmähen das saftig grüne Gras und machen sich stattdessen lieber über die frischen Triebe sämtlicher Bäume her. Schafe hingegen, so hieß es, würden das Gras akkurat abfressen und sich deshalb mit den Pferden gut ergänzen. Die einen sorgen als Rasenmäher für den Grobschnitt, die anderen für den Feinschnitt.
Typisch für unsere Gegend sind die schwarzen gehörnten Heidschnucken, aber wir wollten lieber Tiere einer etwas kleinere Rasse haben, die sich leichter handhaben haben (zum Beispiel beim Einfangen, wenn sie mal ausgebüchst sind). Und sie sollten schöne weiche, weiße Wolle haben. Heidschnuckenwolle ist leider ziemlich grob und grau. Tagelang lasen wir im Internet über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Schafrassen. Dann war die Entscheidung gefallen: Skudden sollten es sein – eine alte nordische Schafrasse, und die kleinste hierzulande bekannteste obendrein. Die Widerristhöhe der Böcke beträgt durchschnittlich 55 bis 60 cm (bei einem Lebendgewicht von 35 bis 50 kg), die der Zibben 45 bis 50 cm (bei 25 bis 40 kg Lebendgewicht). Wir haben uns für drei Mädchen entschieden, die im März geboren und jetzt fast ausgewachsen sind. Da traf es sich gut, dass im Tiermarkt des hiesigen Anzeigenblattes gerade junge Skudden angeboten wurden.
Die Skudde ist ein robustes, genügsames Schaf, das sich mit mageren Weiden zufrieden gibt, also ideal für unsere staubtrockenen Sandböden ist. Sie gilt, was das Futter betrifft, als wenig wählerisch und frisst auch Brennnesseln, Disteln und Ampfer – und den Efeu von der Hauswand, wie wir inzwischen entsetzt feststellen mussten. Das Winterfutter besteht weitestgehend aus Heu. Kraftfutter muss nicht zugefüttert werden. Dank ihrer perfekt isolierenden Wolle können Skudden ganzjährig im Freien gehalten werden, brauchen nur einen offenen Unterstand, der sie vor Dauerregen und Schneetreiben schützt.
Skudden wären nach dem Zweiten Weltkrieg beinahe ausgestorben. Das ist zum Glück buchstäblich in letzter Minute verhindert worden. Dennoch steht diese Schafrasse nach wie vor auf der Roten Liste der bedrohten Nutztierrassen. Wir würden also noch ein gutes Werk tun, wenn wir uns irgendwann entscheiden würden, sie zu vermehren.
Die Autorin bei ihren drei kleinen Rasenmähern im Stall.
Nachdem unsere drei kleinen Kuscheltiere zwei Tage im Stall bleiben mussten, um sich einzugewöhnen, hatten sie am dritten Tag erstmals Ausgang. Als wir die Stalltür öffneten, stürmten sie aber nicht etwa hinaus, sondern blieben misstrauisch im Stall stehen. Schafe sind von Natur aus scheu und brauchen Zeit, um sich auf eine neue Situation einzustellen. Deshalb ist Ungeduld der größte Fehler im Umgang mit diesen Tieren. Man muss nur warten. Irgendwann siegt die Neugier. So auch in diesem Fall. Draußen auf der eingezäunten Obstbaumwiese direkt vor der Stalltür erkundeten die Skudden erst einmal vorsichtig das Terrain, bevor sich sich nach fast einer Viertelstunde endlich trauten, mit dem Grasen zu beginnen. Als es dunkel wurde, kam der spannende Augenblick: Würde es uns gelingen, die Schafe wieder in den Stall zu treiben? Zwei Versuche misslangen, die Tiere stürmten panisch in drei verschiedene Richtungen davon. Doch beim dritten Versuch klappte es fast. Zwei Tiere liefen in den Stall, nur das dritte Schaf wollte nicht. Ich bekam es aber zu fassen und schleppte es in den Stall – froh darüber, dass wir uns für die kleinen Skudden entschieden haben. Ein großes Milchschaf hätte ich nicht so einfach schnappen und tragen können.
Am vierten Tag liefen die Skudden abends schon allein zurück in den Stall.