Mittwoch, 12. Februar 2014

Ohne Moos nichts los

Wunderschöne Miniaturlandschaft aus Moosen auf dem Zaunpfeiler unseres Gartentörchens.
Ich liebe Moose – und das schon seit meiner Kindheit. Zu Ostern holte mein Vater immer Moos aus dem Wald und gestaltetete damit auf einer Art Tablett eine Osterwiese, auf der sich eine Osterhasenfamilie in einer liebevoll gestalteten Osterlandschaft tummelte, zu der auch eine aus Sperrholz selbstgebastelte Bockwindmühle gehörte. 
Seit dieser Zeit habe ich immer, wenn ich irgendwo einen Moosteppich sehe, das Bedürfnis, ihn zu berühren, ihn zu streicheln. Heutzutage mag ich Moos nur dann nicht, wenn es auf der Pferdeweide breit macht und das Gras verdrängt, sodass unsere Ponys dort nichts mehr zu fressen finden. Aber auf Steinen aller Art sind Moose wunderschön. Vor allem grauer, abweisender Beton bekommt durch die weichen, grünen Moos etwas Organisches, etwas Sinnliches. Neulich sah ich auf einem Spaziergang ein Stück Betonrohr, wie man es für Abwässerkanäle verwendet, am Wegesrand liegen. Das Rohr muss schon lange dort liegen, denn es war vollständig von Moosen umhüllt – als hätte es einen dicken, kuschligen Wollpullover angezogen. Die uralten Beton-Dachpfannen auf dem Dach unseres Schuppens haben eine dicke und dichte Moosauflage. Das nicht mit großem Aufwand künstlich angelegte, sondern natürlich gewachsene Gründach hat allerdings auch einen buchstäblich schwer wiegenden Nachteil: Die Dachpfannen sind durch das Moospolster so schwer geworden, dass sich schon die Balken biegen.
Während ich das Moosdach von weitem in seiner Gesamtheit als hochflorigen grünen Teppich wahrnehme, sehe ich es immer, wenn ich unseren Hof durch die Gartenpforte betrete oder verlasse, en detail. Die kleinen Mooskissen auf dem gemauerten Zaunpfeiler wirken wie eine Insellandschaft im Meer. Ich freue mich jeden Tag über dieses Detail, das manch einer wahrscheinlich gar nicht wahrnehmen würde. Es soll ja sogar Leute geben, die kratzen das Moos von ihren Terrassenplatten und legen den nackten, grauen und tristen Beton frei. Aber es geht auch andersherum: Kürzlich entdeckte ich in einem Gartenblog eine Anleitung, wie sich Betonkübel, Betonmauern und dergleichen hässliche Gebilde mit natürlich gewachsenen Moosen verschönern lassen: Damit sich auf den nackten Betonoberflächen möglichst schnell Moos ansiedelt, soll man Moos, Buttermilch (ob es auch in der veganen Variante mit Sojamilch funktioniert?) und Zucker mixen und auf den Beton pinseln. Nach kurzer Zeit soll ein wunderschön flauschiges Moosbett wachsen. SPIEGEL ONLINE berichtete 2012 sogar mal über die Gartenpiraten, die in Köln und anderen Großstädten auf diese Weise Grau in Grün verwandeln. "Moosgraffiti: Grüne Attacke auf graues Gemäuer" lautet der Titel des interessanten Beitrags, der durchaus zum Nachahmen anregt.

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